Beschluss: Mehrheitlich beschlossen

Abstimmung: Ja: 11, Nein: 1, Enthaltungen: 2, Anwesend: 14

Sachverhalt:

Die AWO baut in Boxdorf eine Kindertagesstätte. Die Finanzierung des Vorhabens erfolgt überwiegend durch die Gemeinde Moritzburg.

 

Aufgrund von Verzögerungen im Bau- und Projektablauf stellte der Planer der AWO seinen Mehraufwand in Höhe von 132.809 € netto für Verzögerungen in der Leistungsphase 8 in Rechnung. Die AWO beauftragte ohne schriftliche Zustimmung einen Rechtsanwalt zur Bearbeitung der Angelegenheit. Nachdem der Gemeinderat in der Sitzung vom 26.05.2022 vorerst keine Übernahme von Rechtsanwaltskosten der AWO im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben bestätigt hat, wurde das Mandat durch die Rechtsanwaltskanzlei niedergelegt.

 

Der Planer geht von einer Bauzeit von 14 Monaten (festgelegt zum Architektenwettbewerb 2015) aus und nutzte diese Annahme als Kalkulationsgrundlage. Tatsächlich wird/wurde 31 Monate gebaut. Aus dieser unerwarteten Bauzeitverlängerung sieht der Planer einen erhöhten Honoraranspruch.

 

Standpunkt Verwaltung: Eine Bauzeit zum Zeitpunkt eines Architektenwettbewerbes als gesetzt anzusehen, ist unüblich. Die Bauzeit aus der Ausführungsplanung, hier alternativ aus der Genehmigungsplanung (19 Monate Bauzeit), ist heranzuziehen. Die HOAI stellt nicht auf die Bauzeit ab hinsichtlich der Honorarberechnung. Für die Berechnung des Honorars der Leistungsphase 8 (Bauüberwachung) wird allein auf die anrechenbaren Kosten und die festgelegte Honorarzone abgestellt. Außerdem wird durch die Verlängerung der Bauzeit nicht jede Grundleistung aus der Leistungsphase 8 beeinflusst. So ist eine Schlussrechnung zu prüfen, unabhängig von der Bauzeit. Lediglich 71,72 % der Grundleistungen stehen in Abhängigkeit der Bauzeit.

 

Aktueller Stand:

Inzwischen fand ein Gespräch zwischen AWO, Planer und Gemeinde statt, mit dem Ziel eine außergerichtliche Lösung zu finden. Im Ergebnis des Gespräches hat der Planer eine neue Forderung formuliert.

 

Die zusätzliche Forderung für das Honorar der Leistungsphase 8 wurde durch den Planer nun mit dem Faktor 0,7172 multipliziert. Als Ausgangspunkt wird weiterhin auf 14 Monaten Bauzeit aus dem Bauablaufplan von 2015 bestanden. Der tatsächliche Baubeginn wird mit dem 07.01.2020 angegeben. Der Baubeginn ist streitig, denn die erste Bauberatung fand am 30.01.2020 statt und die Tiefbauarbeiten starteten erst am 03.02.2020, also 3 bzw. 4 Wochen später. Der Planer räumt eine Pauschalierung ein: wenn die Rechnungslegung noch im Juni 2022 erfolgt, werden 60.000 Euro zzgl. Nebenkosten und MwSt. in Rechnung gestellt. Der sich damit ergebene Nachlass in Höhe von 7.061,84 Euro zzgl. Nebenkosten und MwSt. deckt das Honorar der streitigen vier Wochen Bauzeit.

 

Aufgrund der Kündigung von drei Gewerken mussten drei Lose erneut ausgeschrieben werden. Der damit im Zusammenhang stehende Mehraufwand in den Leistungsphasen 6 und 7 gem. HOAI wird per Stundennachweis in Rechnung gestellt. Die Aufstellung des Mehraufwandes liegt noch nicht vor und wird zu einem späteren Zeitpunkt als Beschlussvorlage erarbeitet.

 

Die Abwälzung der Kosten an die gekündigten und für die Verzögerung verantwortlichen Unternehmen wird angestrebt.

 

Beratung:

Der Bürgermeister erläutert die Drucksache. GR John erklärt, dass das Gespräch mit dem Planer von der Amtsleiterin Frau Lehmann sehr gut vorbereitet war. Einige Forderungen des Planers konnten als unbegründet zurückgewiesen werden und wurden vom Planer als Kürzung anerkannt. Tatsächliche entstandene Mehrleistungen, z. B. bei wiederholten Ausschreibungen, müssen aber bezahlt werden. Die Amtsleiterin Bau- und Ordnungsverwaltung ergänzt, dass es eine richtige Entscheidung war die Themen außergerichtlich zu klären bzw. ohne Anwalt auf den Planer zuzugehen und das Gespräch zu suchen.

 

Der Bürgermeister erklärt, dass es das richtige Zeichen des Gemeinderates war, was in der letzten GR-Sitzung ggü. der AWO gesetzt wurde. Das Bauamt der Gemeindeverwaltung wird nun in Zukunft seitens der AWO zu vergleichbaren Gesprächen zu strittigen Forderungen einbezogen werden.

 

GR Schütte dankt Frau Lehmann und Herrn John für das erfolgreiche Gespräch und die damit verbundene Reduzierung der Kosten um 70 T€. GR Bibas schließt sich dem Dank an, allerdings war die jetzige Entwicklung aus seiner Sicht schon lange vorprogrammiert. Es wäre viel besser gewesen, wenn die Gemeinde selbst Bauherr geworden wäre. GR Schütte schließt sich dieser Auffassung an. Der Bürgermeister merkt an, dass der Beschluss zur Bauherrschaft der AWO durch den Gemeinderat bereits 2012 getroffen wurde. Der Vorschlag der Verwaltung, mit Beginn der Bauarbeiten einen externen Projektsteuerer einzusetzen, wurde seinerseits durch die AWO, vertreten durch Anwalt Kierner, abgelehnt.


Beschluss:

Die Gemeinde Moritzburg bestätigt die Übernahme der Kosten für den zusätzlichen Aufwand des Planers während der Leistungsphase 8 gemäß HOAI in Höhe von 74.970,00 Euro brutto Grundlage der Finanzierung ist die geltende Finanzierungsvereinbarung zwischen Gemeinde und AWO.